09.10.2024
Liebe Patienten,
Sicher ist Ihnen aufgefallen, dass unser Gesundheitssystem seit einiger Zeit in Schwierigkeiten ist und es immer schwieriger wird, einen Arzttermin zu bekommen. Die Gründe dafür sind vielfältig und die meisten liegen außerhalb unseres Einflusses. Die Auswirkungen werden für uns aber zunehmend inakzeptabel.
Man könnte meinen, die Ärzte müssten sich doch über die stetig steigenden Patientenzahlen freuen, aber leider arbeiten wir längst am Limit und können eine weitere Zunahme nicht mehr bewältigen. Eine gute medizinische Versorgung erfordert ein gewisses Maß an Sorgfalt und das bedeutet Zeit. Als Ärztin ist es mir sehr wichtig Klasse statt Masse zu liefern. Das heißt aber auch, dass wir nicht beliebig viele Patienten betreuen können, ohne dass die Qualität leidet. Daher sind wir gezwungen, die Anzahl der Patienten pro Tag zu begrenzen. Die Situation ist für alle unerfreulich – wir möchten natürlich niemanden abweisen, die Patienten möchten gerne zeitnah einen Termin und meine Mitarbeiterinnen möchten in einer positiven Atmosphäre arbeiten.
Die Lage zwingt uns aber, Terminanfragen zu priorisieren: Neupatienten die noch nicht in pneumologischer Betreuung sind haben Vorrang vor der Einholung einer Zweit- oder Drittmeinung. Planbare Termine müssen geplant und in angemessenem Zeitrahmen stattfinden und können nicht einfach eingeschoben werden. Bestandspatienten haben Vorrang vor Neupatienten und vor allem versuchen wir nach Kräften, unsere Termine nach medizinischer Dringlichkeit zu priorisieren.
Leider ist es inzwischen üblich, dass Patienten zu Terminen einfach nicht erscheinen, ohne vorher abzusagen. Das ist ausgesprochen rücksichtslos gegenüber denen, die den entsprechenden Termin gerne wahrgenommen hätten und trägt erheblich zur aktuellen Terminknappheit bei. Insbesondere bei langfristig vergebenen Terminen für Neupatienten liegt die Ausfallrate teils bei 30%. Das zwingt uns dazu, keine so langfristigen Termine mehr zu vergeben, außer bei Patienten, die wir lange kennen. Wir bieten jedoch eine Warteliste an, aus der wir auch regelmäßig kurzfristige Termine vergeben, wenn es zu Ausfällen kommt.
Zudem verzeichnen wir leider auch einen zunehmenden Mangel an Umgangsformen. Manche Menschen scheinen zu glauben, dass sie alleine auf der Welt sind und ihre Anliegen wichtiger sind, als die aller anderen. Es gibt Versuche, komplexe Erstvorstellungen, Drittmeinungen oder andere nicht-dringende Dinge als "Akutermin" über die Online-Terminanfrage zu erzwingen. Die Online-Terminanfrage ist ausschließlich für bekannte Patienten möglich. Leider wurden meine Mitarbeiterinnen wiederholt auf unangemessene Art angegangen, weil jemand seinen Kopf nicht durchsetzen konnte. Derartiges Verhalten ist vollkommen inakzeptabel und ich stehe diesbezüglich 100%ig hinter meinem Team.
Was können wir also gemeinsam tun, um die Lage zu verbessern? Respekt vor den Mitmenschen wäre ein Anfang. Einige ganz einfache Dinge würden helfen. Z.B. einen Termin sofort absagen, wenn man weiß, dass man ihn nicht wahrnehmen kann oder will, mindestens jedoch 24 Stunden vorher. Ein Mindestmaß an Freundlichkeit am Telefon. Muss ich wirklich eine Drittmeinung einholen? Ein bisschen mehr Miteinander zum Wohle aller als Kontrast zum allgemein zunehmenden Egoismus. Insgesamt ein bischen Gelassenheit. Bitte helfen Sie mit, dass wir alle einigermaßen vernünftig mit der Situation umgehen.
Vielen Dank, Ihre
Dr. Judith Glöckner-Pagel